Wenn nicht jetzt – dann vielleicht nie

Veröffentlicht am 13 Kommentare zu Wenn nicht jetzt – dann vielleicht nie
Grafik Worauf wollen wir warten wenn nicht jetzt dann vielleicht nie - träume erfüllen

Manchmal muss man eine Lebensentscheidung treffen. Diesen Frühling feiern wir ein kleines Jubiläum. Fünf Jahre ist es her, dass wir eine Entscheidung trafen, die für unser Leben in der zweiten Lebenshälfte wegweisend sein würde. Mit 50 plus Träume erfüllen, etwas Neues wagen, andere Wege gehen. Ja, das geht. Wir konnten eine entscheidende Frage nicht beantworten und kamen zu unserem Motto für die fabelhaften 50plus Jahre. Als kleine Huldigung trägt dieses Motto übrigens auch den Untertitel meiner Webseite: Wenn nicht jetzt – dann vielleicht nie.

Wir nannten es nicht länger einen Traum

Wir nannten es nicht länger einen Traum. Wir nannten es einen Plan. Für den vor allem ich über meinen Schatten springen musste. Doch wir haben es getan. Wir haben all unser Geld und unseren Mut zusammengenommen und es einfach gemacht. Uns unseren großen Traum erfüllt. Damals schon. Und nicht erst jetzt, wie ursprünglich geplant. Es war dieser eine Gedanke, den wir nicht mehr aus unseren Köpfen kriegten:

Wenn nicht jetzt- dann vielleicht nie

Mein Mann und ich, wir hatten schon immer das Bootsmann-Gen in uns. Schon in grauer Vorzeit, als wir uns noch nicht kannten, waren wir beide für unser Leben gerne auf Booten unterwegs. Ich mit der Jugendclique auf Segeltörns im Ijsselmeer, der Gatte eher auf schnittigen Sportbooten. In den ersten Jahren unserer Ehe nahmen wir unsere jugendliche Leidenschaft wieder auf. Uns stand ein Wassersport-Boot zur Verfügung, auf dem wir im oberitalienischen Seengebiet viele beglückende Stunden mit unseren Kindern verbrachten. Nachdem die Kinder aus dem Haus waren, begannen wir damit, in den Niederlanden Motoryachten zu chartern, auf denen wir großartige Bootsurlaube verbrachten. Ich konnte schon immer nirgends so gut schlafen wie auf einem Boot. Auf einem Boot zu leben und zu reisen – das fanden wir großartig. Wir verliebten uns heillos in das Leben auf dem Wasser.

Unser Traum für die zweite Lebenshälfte war geboren. Wir würden darauf hinarbeiten, uns ein Boot kaufen zu können, wenn wir nicht mehr arbeiten und darauf einen großen Teil unserer Zeit verbringen. Vor fünf Jahren lag dieser Traum noch in weiter Ferne. Dachten wir. Doch – plötzlich und unerwartet kam genau UNSER Boot vorbei geschwommen und sagte: Hier bin ich. DIE Gelegenheit. Das passierte zu einem Zeitpunkt, an dem im Vorfeld einiges geschah, was uns und vor allem mich zum Umdenken in „Warum nicht jetzt schon unseren Traum erfüllen“ bewog.

So viele Geschichten zu vielleicht irgendwann

In März desselben Jahres trugen wir eine liebe langjährige Kollegin zu Grabe. Sie war nur wenige Jahre älter war als ich. Von da an erreichten mich aus meinem erweiterten Umfeld etliche schlechte Nachrichten. Ich könnte Euch an dieser Stelle einige wirklich erschreckende, sehr nachdenklich machende Geschichten zu vielleicht irgendwann erzählen. Die für mich nachhallendste ist die einer tollen Frau, die ich lange begleitete, die ähnliches plante wie wir. Sie stand kurz vor der Vollendung und wurde dann mit „Krebs ist ein Arschloch“ ausgebremst wurde. Mehr erzähle ich nicht, es sind Geschichten von vielleicht irgendwann, aber auch von vielleicht jetzt nie mehr. Aber es sind nicht meine Geschichten, mir steht es nicht zu, sie zu erzählen. Nur so viel: „Das Leben ist zu kurz für irgendwann“ ist nicht nur ein Hashtag.

Worauf wollen wir warten?

Zurück zur Konsequenz, die wir letztlich gezogen haben: Beim österlichen Familienessen bekamen wir ein ganz spezielles Osterei überreicht. Eine Anzeige des örtlichen Yachtmaklers mit „unserem“ Boot. Von da an kam der Stein ins Rollen bzw. das Boot ins Schwimmen. Und – wir haben es getan. Einfach so. Weil wir die Frage „Worauf genau wollen wir warten?“ nicht beantworten konnten. Weil es uns unglaublich glücklich macht.

Bevor ich diese Lebensentscheidung treffen und alle Bedenken buchstäblich über Bord werfen konnte, habe ich viel nachgedacht. Über mein Alter, über das Alter, über das Leben, über das, was wir haben und was wir wollen. Wir waren schon in der Lebensphase 50 plus. Das war immer unser Plan: Wir sind Ü50 und jung genug, unsere Komfortzone zu verlassen. Lifestyle Ü50 heißt auch: Neues im Leben wagen, uns nicht von gesellschaftlichen Stereotypen einschränken lassen. Wir haben Wünsche, Pläne, Ziele. Jetzt endlich sind wir unabhängig genug, uns diese Wünsche zu erfüllen und auch mit 50plus unser bestes Leben zu leben. Ich drehte und wendete, atmete tief durch und dachte letztendlich: Manchmal ist der richtige Moment genau jetzt. Manche Gelegenheiten sind dafür da, ergriffen zu werden. Komm. Ab dafür. Spring los. Über Deinen Schatten. Einfach machen – könnte ja gut werden.

Den Traum nicht auf irgendwann verschieben

Wir trauten uns und sprangen. Es wurde gut. Auch wenn wir zum Zeitpunkt des Bootskaufs beide noch arbeiteten, hatten wir direkt von Beginn an sehr viel mehr Lebensqualität. Das Mantra „wenn nicht jetzt, dann vielleicht nie“ hat sich bewiesen. Wir hatten ursprünglich geplant, den Vorruhestand damit zu beginnen, uns nach einem Boot umzuschauen. Wären wir damals nicht über unseren Schatten gesprungen, wäre der Traum heute kaum noch realisierbar gewesen. Für alles, was schwimmt, werden seit Big C echte Apothekerpreise aufgerufen. Hätten wir unseren Traum auf „irgendwann“ verschoben, wären wir heute an dem Punkt, wo es „ganz vielleicht irgendwann mal, aber sehr wahrscheinlich nie“ heißen würde.

Dankbar, dass „Vielleicht nie“ Geschichte ist

Unser Sprung über unseren Schatten hat uns bestätigt. So sehr, dass wir einen weiteren Sprung wagten. Wir sagten der abhängigen Beschäftigung früher als geplant auf Wiedersehen und genießen seitdem einen sehr vorzeitigen Ruhestand. Mit 50 plus endlich ein unabhängiges, selbstbestimmtes Leben. Ich hatte in meinem Leben sehr selten Zeit für mich. Me-Time war ein Luxus. Nun habe ich sie. Zeit für mich, Zeit für das, was ich tun möchte, Zeit für das, was mich glücklich macht. Zeit für Zeit. Wir genießen das Leben zuhause, auf dem Wasser und unterwegs. Wir sind sehr dankbar dafür, unser Leben so leben zu können, wie es uns gut tut. Wir wissen das zu schätzen. Auch und gerade, weil wir selbst es uns ermöglicht haben. Einfach machen, was glücklich macht.

Bild von mir auf dem Boot, erschöpft aber glücklich
Am Tag der Bootsübernahme. Erschöpft, aber glücklich. Das Vielleicht nie ist Geschichte

Mit über 50 sein Leben ändern

Ich habe das erzählt, weil ich sicher weiß, dass nicht nur ich sich diese Frage stellt: Kann man mit über 50 sein Leben noch ändern? Ja, man kann. Und man darf. Nix hier mit Sinnkrise Ü50. Man darf sogar noch weitere Wünsche haben. Einer meiner Wünsche ist es, Euch zu ermutigen, das Leben neu oder anders zu denken. Offener zu werden, mutiger. Gerade auch in dieser, unserer Zeit, in der auch und gerade uns, der älteren Generation die Hemmschuhe schon von außen angezogen werden (sollen) Ja, das geht – den Tagen ihren Zauber zurückgeben und seine Träume nicht länger einen Traum nennen, sondern einen Plan.

Erzählt doch mal! Welchen Traum habt Ihr Euch erfüllt? Habt Ihr lange gezögert? Oder arbeitet Ihr auf einen Traum hin? Nennt Ihr es schon einen Plan?

Ich widme diesen Beitrag Ute. Die mich jederzeit energisch in unserem Vorhaben bestärkt hätte. Wir sprechen von Dir, wir erinnern uns an Dich und die vielen schönen Stunden, die wir hatten. Auch an das, was wir zusammen durchgestanden haben. Daran, wie wir immer zusammen gehalten haben. Du warst eine der Guten. Ruhe in Frieden.

Von Britta Langhoff

Bloggerin und Autorin

13 Kommentare

  1. Liebe Britta,
    welch ein schöner Artikel und eine noch schönere Entscheidung! Boah, ich kann es so gut verstehen, was ihr getan habt (sagt eine mit Bootsmann-Gen).
    Und ja, worauf warten? Es gibt wirklich keine vernünftige Antwort darauf.
    Ich werde weiter bei dir reinschauen und sehen, welche Abenteuer ihr mit dem Boot erlebt.
    Liebe Grüße
    Silke

    1. Vielen Dank, liebe Silke !
      Ja, wenn man das Bootsmann-Gen hat, dann kann man da nicht gegen an. Uns hat es immer auf’s Wasser gezogen und wir lieben alles daran.
      Ich bin auch wirklich froh, dass ich mir die Frage nach dem Worauf warten so intensiv hab durch den Kopf gehen lassen. Du hast wirklich Recht. Es gibt keine Antwort darauf.
      Freue mich, wenn Du weiter vorbei schaust. Bald wird eingewassert, die Saison winkt schon mit der Flagge 😉
      Liebe Grüße
      Britta

  2. Wenn nicht jetzt…wann dann ?
    Das Leben ist zu kurz für irgendwann. Immer im voraus planen bringt einen nicht vorran. Man muß es einfach machen. Keine r weiß was einen spontan ausbremst.

    1. Das ist wirklich so. Ist mir mit dem Boot auch so wirklich nochmal mehr bewusst geworden. Wenn wir es erst jetzt hätten machen wollen – ich glaub, wir hätten das nicht mehr gemacht. Und genau – wer weiß, was noch kommt. Ist genug in den letzten Jahren passiert, womit keiner gerechnet hat. Global, aber auch bei uns privat zum Teil.

  3. Liebe Britta,
    GROSSARTIG! Ich freue mich für euch und eure Idee, die Gelegenheit und dass ihr dazu JA gesagt habt. Ja zur Freiheit, ja zur Änderung und ja vor allem zu euch selbst.
    Herzlichen Glückwunsch und allzeit eine Handbreit Wasser unterm Kiel!
    Liebe Grüße,
    Gabi

    1. Danke schön, liebe Gabi ! Genau. Du triffst es auf den Punkt! Wir haben mit dieser Entscheidung auch ja zu uns selbst gesagt. Und das hat sich wirklich richtig gut angefühlt. bzw. tut es das immer noch.
      Liebe Grüße Britta

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