Vergeben und vergessen. Sagt sich so einfach. Ist es aber nicht. Wie schwer Vergebung sein kann, davon ist selten die Rede. Ich gehe noch einen Schritt weiter und behaupte: Vergebung ist nicht immer besser.
In diesem Artikel gehe ich der Frage nach, warum es auch okay sein kann, nachtragend zu sein und warum Vergebung nicht immer der richtige Weg ist.
Die Bedeutung von Vergebung
In den meisten Kulturen und Religionen wird Vergebung zu den höchsten Tugenden gezählt. Eine Grundtugend, ohne die Zusammenleben nicht möglich ist. Verzeihen können sei unerlässlich für das Seelenheil. Vergebung als einziger Weg zur Heilung – sowohl für den Vergebenden als auch für denjenigen, dem vergeben wird.
Ich bin nicht überzeugt von dieser verallgemeinernden Botschaft. Es mag in vielen, ja sogar den meisten Lebenssituationen stimmen, dass Vergebung uns als Gemeinschaft weiterbringt. Aber eben nicht in allen. Ich frage mich: zeugt es wirklich von Größe, alles zu verzeihen? Ist Vergebung wirklich immer der richtige Weg?
Zeugt es nicht auch von Größe, zu differenzieren? Ich finde, man darf die Feststellung treffen: manches ist unverzeihlich. Es gibt Taten, die wiegen so schwer, dass sie kaum zu verzeihen sind. Mehr noch: Sie zu verzeihen ist alles andere als gerecht. Und – für den Vergebenden alles andere als gut und zum Seelenheil führend.
Vergebung ist eine emotionale Entscheidung
Ohne Vergebung kein innerer Frieden – so der allgemeine Konsens. Ich frage mich dann immer: Wer findet den Frieden? Wirklich beide Seiten? Der, der emotional entlastet wird oder der. der vergibt? Wem hilft das verzeihen? Dem, der unbelastet einfach weiter machen kann? Mir, die ich etwas verziehen habe, was in meinem Wertemaßstab eigentlich unverzeihbar ist?
Die, die Vergebung in jedem Fall predigen, übersehen gerne, dass Vergebung rational nicht möglich ist. Vergebung ist nicht einfach eine Entscheidung. Vergebung ist in erster Linie ein Gefühl. Ich kann nur emotional verzeihen, rational ist das nicht möglich. Wenn ich das verzeihen nicht fühle, dann ist keinem geholfen.
Wie fühlt sich Vergebung an?
Vergebung schafft Linderung. Aber nur, wenn man wirklich dahinter steht. Man kann es drehen und wenden – das Gefühl, ungerecht behandelt oder tief verletzt worden zu sein, verschwindet nicht einfach. Es bleiben Narben und Wunden. Und es gibt ungeheuerliche Taten, die einfach unverzeihlich sind. Die nicht nur Narben hinterlassen, sondern zerstören. Unwiederbringlich zerstören.
Natürlich fühlt es sich gut an, wenn man sich nach einer Auseinandersetzung ausspricht und versöhnt. Wenn man ein Unrecht verzeiht, weil man aufrichtig um Entschuldigung gebeten wird. Diese Gefühle sind tatsächlich ähnlich wie die reinigenden Gewitter.
Aber man darf ehrlich sein und sich eingestehen: Es ist legitim, zu unterscheiden, was man vergibt. Wenn wir Absolution erteilen für etwas, was wir unverzeihlich finden, kann Vergebung uns auch das Gefühl geben, uns selbst verraten zu haben. Nicht immer ist Vergebung der richtige Weg. Manchmal kann es gerade diese Vergebung sein, die uns in tiefe emotionale Konflikte stürzt.
Was ist verzeihbar?
Spätestens hier fragen sich sicher einige, wie ich auf ein so sensibles und schwieriges Thema komme. Ich sag es Euch. Zu den 15 harten Wahrheiten, die mich das Leben gelehrt hat gehörte folgende:
Ein Fehler ist ein Fehler, weil er nicht mit Absicht gemacht wird. Lügen und Betrügen sind keine Fehler. Das geschieht immer mit Absicht. Ich muss es nicht verzeihen
Britta Langhoff
Auf diese Lebenswahrheit gingen in den Kommentaren einige ein. Meine Blogger-Kollegin Iris von Bebber kommentierte: „Ein Beitrag zum „nicht alles vergeben müssen“ interessiert mich sehr. “ So wie Iris äußerten sich einige. Auch abseits des Blogs wurde ich darauf angesprochen:
„Endlich sagt es mal eine“ – „Es hat mir gut getan, dass Du das so klar gesagt hast, dass man nicht alles nicht verzeihen muss“
Mir wiederum tat diese Bestätigung gut. Es war für mich persönlich ein langer Weg, mir einzugestehen: Es gibt Dinge, die kann ich nicht verzeihen. Die will ich auch nicht verzeihen. Und dazu habe ich jedes Recht.
Einen Fehler kann ich verzeihen, ganz leicht und locker kann ich das. Ich kann einen Irrtum verzeihen, eine Fehleinschätzung. Ich kann mich streiten, solange der Streit mit offenem Visier ausgetragen wird und kann mich ganz prima wieder versöhnen. Aber ich bleibe dabei: Es gibt Grenzen für Vergebung.
Wann man nicht vergeben sollte
Es gibt unverzeihbare Taten. Punkt. Es gibt Taten, die einen Menschen so tiefgehend zerstören können, dass aufrichtige Vergebung schier unmöglich ist. Es gibt Dinge, die der eine verzeihen kann, der andere aber nicht. Was es nicht gibt: eine Maßeinheit für Vergebung. Jeder Mensch entscheidet für sich selber, ob und was er vergeben möchte.
Mein eigener Wertekanon ist ziemlich unverrückbar. Es ist gar nicht so, dass es viele Dinge gibt, die für mich unverzeihlich sind. Aber es gibt einige und davon rücke ich auch nicht ab. Nie. Nicht umsonst habe ich in oben zitierter Lebensweisheit „Lügen und betrügen“ geschrieben. Lügen, Verrat und Manipulation können unheilbare Wunden hinterlassen. Wunden, die verhindern, dass man unbefangen durch das Leben geht und die Beziehungen zu anderen schwer belasten. Irgendwann werden diese Wunden zu Narben, die uns daran erinnern, was wir erlebt haben. Narben, die uns ermahnen, so etwas nie wieder zuzulassen.
Es gibt Menschen in meinem Leben, mit denen habe ich mich mal gestritten. Es sind zugegeben nicht allzu viele – auch da bin ich anders. Ich überlege mir gut, wer mir die Mühe wert ist. Die Menschen, mit denen ich mich offen gestritten habe, sind alle noch in meinem Leben. Kein Streit ging je unter die Gürtellinie, die Grenze zum Unverzeihbaren wurde nie überschritten.
Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die mich belogen und betrogen haben. Menschen, deren Narzissmus mich manipuliert hat, als ich noch zu jung war, um dies zu durchschauen. Menschen, die hinter meinem Rücken agiert und geredet haben. Menschen, die mich ausgenutzt haben. All diese Menschen habe ich gefühlsmäßig aus meinem Herzen gestrichen.
Warum nachtragend sein nicht immer schlimm ist
Unsere Gesellschaft propagiert gerne das Bild eines gütigen Menschen, der schnell vergibt und vergisst. Doch was, wenn man ein nachtragender Mensch ist. Nachtragend sein ist absolut negativ konnotiert. Wenn man über jemanden sagt „der ist aber nachtragend“ beschwört man damit das Bild eines grimmigen, mürrischen unleidlichen Menschen herauf. Doch ist dem wirklich so? Ist nachtragend sein wirklich eine durchweg schlechte Charaktereigenschaft? Ich finde: Nein. Nachtragend sein kann auch in Ordnung sein.
Ich bin ein nachtragender Mensch. So. Jetzt ist es raus. Ich halte damit auch nicht hinter dem Berg. Viele, die mich kennen, wissen das. Manche fürchten das auch. Die meisten fürchten das zu Unrecht – es gibt nämlich nur wenig, was ich nicht verzeihen kann.
Nachtragend sein als Akt des Selbstschutzes
Ich stehe offen dazu, nachtragend zu sein, weil ich erkannt habe: Nachtragend zu sein ist nicht immer schlimm. Nachtragend sein kann auch ein Akt des Selbstschutzes sein. Es ist wichtig, erlittene Verletzungen nicht zu ignorieren. Nachtragend sein hilft mir, Grenzen zu setzen und zu sagen: „das lasse ich nicht zu, dass mir das noch einmal passiert“
Was mein nachtragend sein angeht, bin ich äußerst konsequent. Ich trage nämlich auch gute Sachen ewig nach. Den Menschen, die für mich in schwierigen Zeiten da waren, die mich aufgefangen haben, bin ich dankbar. Menschen, die auch heute noch zu meinem Leben gehören. Manche von ihnen sind mit dem Alter wunderlicher geworden, auch nerviger zugegeben. Aber ich vergesse nie, was sie für mich getan haben, sie dürfen mir auf die Nerven gehen.
Wo mein nachtragendes Wesen ebenfalls greift: Heuchelei. Wenn mir jemand Wasser predigt und Wein säuft – da bin ich raus. Sofort auf Abstand. Ein Phänomen, welches mir in den letzten Jahren zunehmend untergekommen ist. Ich finde ja, es gibt bessere Methoden, um durch unsichere Zeiten zu kommen, als durch neu entdeckte Berufung zum Tugendwächter – Dasein.
Mit ein Grund dafür, warum viele das Auseinanderbrechen von Freundschaften während der Big C Zeit beklagen. Auch ich habe einige Bekannte, die ungeahnte Blockwart-Talente entwickelten. Während sie selbst Regeln kreativ auslegten. Wer in dieser Zeit sein wahres Gesicht gezeigt hat, der kann mir heute gerne im Mondenschein begegnen. Da bleibe ich nachtragend. Besser ist das. Für mich und all jene.
Einen Streit muss man nicht nachtragen
Es gibt eine Kollegin, mit der ich eng zusammen arbeiten musste, was für keine von uns beiden einfach war. Wir mochten uns, wir waren aber nicht so ganz kompatibel für diese sehr enge Zusammenarbeit. Über die Jahre rauften wir uns zusammen und wir standen sehr viele Dinge gemeinsam durch und hielten immer zusammen.
Ab und an stritten wir. Ihr machte das immer einen Kopf, weil sie wusste, wie nachtragend ich sein kann. Irgendwann verstand sie, dass sie sich diesen Kopf nicht machen muss. Sie war nie hintenrum, sie war immer ehrlich – sie hat nie was getan, was ich ihr nachtragen würde. Wir haben uns angezickt, wir haben das angesprochen, wir sprachen auch tiefer über das, was eigentlich dahinter steckt. Dann haben wir uns ganz offiziell gesagt, dass es uns leid tut – und gut war. Bis heute gehören wir eng zum Leben der anderen. Heute sind wir keine Kolleginnen mehr, heute sind wir enge Freundinnen. Und ja – auch sie gehört mittlerweile zu den Menschen, denen ich einiges nachtrage. Ausschließlich Gutes allerdings. Was sie weiß und ebenfalls gut findet.
Vergebung versus Selbstschutz:
Man kann nicht glücklich werden, wenn man nicht verzeihen und vergessen kann – so heißt es. Und noch weiter: Man solle nicht nur denen, die einem etwas angetan haben, verzeihen. Sondern auch sich selbst, dass einem das passiert ist. Hä? Geht’s noch? Da rollen sich mir sämtliche Fußnägel auf. Das impliziert, dass man selber mit schuld hat.
Nein, nein und nochmals nein.
Ich kann vieles verzeihen und wenn ich verziehen habe, trage ich auch nichts mehr nach. Aber ich bleibe dabei: Es gibt Dinge, die kann man nicht verzeihen. Die muss man nicht verzeihen. Da macht mich das Vergeben ein zweites mal unglücklich. Mit dem Akt des verzeihen und vergessen werte ich mich selbst ab. Das ist für mich das genaue Gegenteil von innerem Frieden.

Aber ich kann mir verzeihen, dass ich manche Dinge nicht kommen sah. Dass ich manche Dinge nicht verhindert habe, mich manchen Dingen nicht entgegen gestellt habe.
Vergessen als Mythos
Vergebung wird gerne mit Vergessen gleichgesetzt. Für mich ist das eine sehr problematische Vorstellung. Kann oder sollte man wirklich vergessen, was einem angetan wurde? Ich verstehe manche Taten. Ich kann es rational erklären. Das heißt aber immer noch nicht, dass ich es vergebe. Und vergesse schon mal gar nicht.
Vergessen ist nichts, was man wirklich steuern kann, machen wir uns nichts vor. Warum sollte ich dann unbedingt vergeben? Denken wir das mal bis zu einem schlimmen Ende: Was, wenn das Vergeben mich dazu bringt, meine moralischen Maßstäben zu verwischen und selber Taten zu begehen, die schwer wiegen? Absurd finde ich diesen Gedankengang nicht. Die Geschichte ist voll mit Taten, die begangen wurden, weil sich wer gesagt hat: „Och, das ist verzeihbar. Längst vergessen. Dann kann ich das auch machen“ Denkt mal drüber nach.
Der gesellschaftliche Druck zur Vergebung
Unser Omma sagte gerne: „Nichts so schlecht, dass es nicht irgendwo gut für ist“
Auch ich ertappe mich immer wieder dabei, dass ich das denke und sage. Meine Kinder sprechen diesen Satz schon zu Ende, wenn ich nur anfange mit „Nichts so schlecht….“ Dieser Satz stimmt für sehr viele Dinge und er kann das Leben bedeutend leichter machen.
Dennoch ist mir bewusst, dass genau dieser Spruch ein Sinnbild für den Druck zur Vergebung ist, den unsere Gesellschaft so gerne aufbaut. Denn dieser Satz stimmt eben nicht für alle Dinge. Manche Dinge sind so schlimm, dass sie nirgendwo gut für sind. Und das sind dann genau die Dinge, die einfach nicht verziehen werden können.
Interessant wäre es sicher auch, einmal zu untersuchen, inwieweit dieser aufgebaute Druck zur Vergebung, Religionen und Regierungen dabei hilft, Menschen da zu halten, wo man sie haben will. Das aber führt hier und heute für mich zu weit.
Macht es einen Unterschied, wer um Vergebung bittet?
Ja, das macht einen Unterschied. Definitiv. Menschen, die wir lieben, verzeihen wir mehr. Vergebung in Beziehungen ist leichter als Vergebung für Menschen, mit denen uns nicht viel verbindet. Nicht jeder ist es mir wert, dass ich mich mit ihm streite. Nicht jeder ist es mir wert, dass ich ihm verzeihe. Wobei mir bewusst ist, dass Gleichgültigkeit eine schlimme Form der Bestrafung ist.
Ich gebe zu, dass ich meinem Mann fast alles verzeihen würde. Und meinen Kindern so gut wie alles. Ich gebe aber auch zu, es ist meine Hoffnung, dass keiner von ihnen je Dinge tut, die in meinem Wertekanon unter unverzeihlich fallen.
Schwierig ist es auch, wenn man Menschen, die für einen unverzeihliche Dinge getan haben, nicht so einfach aus seinem Leben streichen kann. Das kann passieren und auch öfter, als es für einen gut ist. Um mich in einen Plattwitz zu flüchten: „Das ist wie Frankreich – da musst Du durch, wenn Du in die richtige Sonne willst“
Es gibt Techniken, die einem das miteinander auskommen ermöglichen. Mit oben erwähnter Freundin/ Kollegin habe ich für mich eine solche Technik entwickelt. Wann immer wir in unserem Berufsleben in solch eine Situation kamen, machten wir verstohlen eine Geste, die uns erinnerte, eine imaginäre Glasglocke um uns zu ziehen. An der alles abprallte und die es uns ermöglichte, den Umgang mit solchen Menschen zu handeln.
Als wir uns während der Pandemie dann permanent hinter einer Plexiglaswand wiederfanden, war uns die Ironie der Situation durchaus bewusst. Aber bis heute gibt es Situationen, in denen ich die Glasglocke hochziehe und nichts an mich heranlasse.
Vergebung ist eine persönliche Entscheidung
Menschliche Gefühle sind komplex. Jeder hat seine eigenen Grenzen und es ist eines jeden Recht, diese Grenzen aufzuzeigen und zu schützen. Vergebung ist eine individuelle Entscheidung und jeder Mensch muss selbst herausfinden, wie er damit umgeht. Der Umgang mit Vergebung ist auch etwas, was Mut erfordert. Ich sage ehrlich: Mir liegt dieses Thema am Herzen, aber das ehrliche Schreiben darüber fiel mir nicht leicht und ich dachte mehr als einmal: Soviel zum mutig älter werden – das gehört wohl auch dazu.
Mein persönliches Fazit ist und bleibt: Vergebung ist nicht immer besser. Ich muss nicht alles vergeben und vergessen. Ich darf mir sagen, dass ich manches nicht verdient habe. Ich darf mir bewusst selbst verzeihen und in diesem Bewusstsein weitermachen.
Die Frage, ob Vergebung immer der richtige Weg ist, ist eine vielschichtige. Wie steht Ihr dazu? Ist vergeben und vergessen die ultima ratio für Euch oder differenziert Ihr da auch? Die Kommentare sind offen und ich bin gespannt auf eine offene Diskussion zu diesem schwierigen Thema.
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hey britta, wow ein spannender beitrag. ich hab ihn nun ein erstes mal gelesen, werde das aber bestimmt noch zwei drei mal wiederholen, denn es steckt sooo viel drin in diesem blogbeitrag! mir gefällt besonders gut, dass du diesen punkt von so vielen verschiedenen seiten aus betrachtet hast – das macht deutlich, wie komplex manches im leben ist und wie wertvoll es sein kann, in das ein oder andere thema mal etwas tiefer einzutauchen. und was ich grandios finde: es wird deutlich, wie spannend es eben ist, auch den „allgemeinen konsens“ zu einem thema zu hinterfragen – denn nur weil allgemein irgendwas gilt, hießt das noch lange nicht, dass das auch tatsächlich so ist. meine lieblingspassage aus diesem beitrag ist folgende: „Ich bin ein nachtragender Mensch. So. Jetzt ist es raus. Ich halte damit auch nicht hinter dem Berg. Viele, die mich kennen, wissen das. Manche fürchten das auch. Die meisten fürchten das zu Unrecht – es gibt nämlich nur wenig, was ich nicht verzeihen kann.“ dafür könnte ich dich wirklich knutschen! überhaupt für diesen ganzen beitrag feier ich dich total: weil du haltung zeigst, weil du mehr fragen stellst an antworten lieferst, weil du zum nachdenken anregst, weil du offen rüberkommst und echt, weil ich deine art zu schreiben mag, und weil du kontroverse themen anschneidest! mega! bis demnächst und übrigens danke fürs verlinken! das freut mich! lg
Danke schön, liebe Iris für Deinen ausführlichen Kommentar, der mir ebenfalls nochmal meine Überlegungen spiegelt. Ich finde es grundsätzlich heute schwierig, weil so vieles in Schubladen und dann auch in entweder / oder eingeordnet wird. So ist das Leben nicht. So sind eben auch Menschen nicht.
Das läuft alles in Nuancen ab. So ist das auch mit dem nachtragend sein. Ich bin da so ehrlich zu mir selbst und habe das sehr hinterfragt, wie und warum ich nachtragend bin. Ändern kann ich es nicht, nur meine Einstellung dazu. Und da habe ich eben gemerkt, ja – ich bin nachtragend. Aber eben auch im Guten. Und im Schlechten ist das sehr wenig, was ich ewig nachtrage. Es gibt diese Dinge, aber fast alle anderen Dinge kann ich verzeihen und dann sind die auch weg für mich.
Ich merke an diesen Themen immer wieder, dass es den Wunsch gibt, über sogenannte Konsensthemen mal kontrovers zu sprechen. Mir ist heutzutage ein bißchen viel allgemeiner Konsens. Ich finde, tiefer in ein Thema einzutauchen und Facetten aufzuzeigen, trägt auch dazu bei, mehr Verständnis füreinander zu wecken.
Liebe Grüße
Britta
Mir geht es ähnlich wie Nicole. Oft schleppe ich etwas lange mit mir herum. Manchmal ist es für mich besser, wenn ich einen Strich darunter ziehe und eine Sache „zu den Akten lege“. Das heißt noch lange nicht, dass ich es vergessen habe. Aber mein Seelenfrieden ist wieder im Gleichgewicht.
Liebe Grüße
Sabine
Liebe Sabine,
dem ist so. Manchmal muss man etwas beenden, auch wenn man es gerne nicht tut. Aber es muss dann ein Ende haben, damit man selber weitermachen kann.
Liebe Grüße
Britta
Liebe Britta,
deinen Text und deine Ansichten sind so komplex und durchdacht, dass ich darauf mit einem eigenen Beitrag antworten könnte.
Für mich sind Vergeben, Verzeihen und Vergessen drei unterschiedliche Dinge, die nicht miteinander im Zusammenhang stehen (müssen).
Ich deute Vergeben für mich selbst nicht in dem Konsens, dass ich verzeihe und vergesse. Ich setze es eher mit Weggeben gleich. Was für mich bedeutet, ich vergesse nicht (denn das tue ich nicht und nenne es dennoch auch nicht nachtragend, sondern wie du Selbstschutz)und ich verzeihe auch nicht unbedingt.
Wie das geht? Wenn jemand mir etwas Schlimmes zugefügt hat, trage ich so etwas lange im Herzen, es kommt immer wieder hoch und belastet mich. Ich trenne mich dann (niemals leichtfertig und es dauert immer lange) von den Situationen und/oder Personen. Ich vergebe, in dem ich es ad acta lege. Damit es aus meinem Denken weiter verschwindet. Es ist ein bisschen wie weggeben.
Die Situation begleitet mich dann als Lehre, ich werde besser vorbereitet oder entwickle ein inneres Warnsystem.
Ich bin absolut bei dir, was Fehler betrifft, denn unsere Fehlerkultur ist durchaus zu verbessern. Im Zugeben und im Nachsehen.
Du hast Lügen und Betrug werden absichtlich begangen, ebenso wie Menschen bewusst wehzutun, sie zu degradieren oder zu beleidigen. Dann tritt bei mir obiges in Kraft.
Nachtragend zu sein ist mir persönlich zu negativ behaftet. Ich vergesse nicht. Weder das Gute (das bewahre ich wie einen Schatz) noch das weniger Gute oder Böse (das ist ein Lehrbuch). Aber das immer wieder Vorhalten, Nachbereiten oder zur Schau stellen, das macht auch etwas mit mir. Und das muss nicht befreiend oder gut sein. Wie gesagt, ich bin sehr bei dir, mit kleinen Unterschieden.
Die am Ende aber wieder zu einem Ganzen zusammengehen.
Liebe Grüße
Nicole
Liebe Nicole,
wir waren ein paar Tage auf dem Wasser ohne Internet, deswegen erst jetzt eine Antwort. Gelesen hatte ich Deinen spannenden Kommentar aber schon und habe mir da unterwegs Gedanken drüber gemacht. Vergeben im Sinne von weggeben ist ein interessanter Ansatz. Ich habe vergeben eigentlich immer mit verzeihen gleichgesetzt. Aber der Ansatz hat durchaus was für sich. Denn ich bin zwar nachtragend, aber ich halte nichts ewig vor. Es ist eher so, wenn ich eine Konsequenz gezogen habe, dann ist das in der Regel unumkehrbar. Und meine Konsequenz ist eben auch meistens weggeben im Sinne von Das war es für mich.
Somit hast Du Recht und wir sind am Ende doch wieder zu einem Ganzen zusammen gekommen.
Liebe Grüße an Dich
Britta
Liebe Britta,
ich danke Dir sehr für diesen Text.
Da spricht viel Lebenserfahrung raus.
Wenn die Lieblingstasse mal eine Macke bekommt nutzt man sie trotzdem weiter. Da hängt man dran, verbindet Erinnerungen und schön ist sie ja immer noch.
Auch Risse kann man kitten. Mit Kintsugi zum Beispiel. Wenn man sich da Mühe gibt kann das wieder richtig schön werden … auch wenn die Risse als Narben bleiben.
Wenn da aber jemand nur halbherzig mit Sekundenkleber dran geht hält das vielleicht kurz, aber gut wird‘s nicht mehr.
Und wenn die Tasse in 1000 Teile zerbrochen ist oder zu viele Risse bekommen hat kriegt man das nicht mehr gekittet.
Jedes Mal wenn man sie sieht ist man traurig, dass sie kaputt ist oder wütend – wobei wütend besser ist.
Wütend kann man das Ding irgendwann in die Tonne kloppen. Traurig hängt das Herz noch zu viel dran. Manchmal wird auch Gleichgültigkeit draus. Das finde ich persönlich am schlimmsten.
Wenn einer nur halbherzig kittet oder gar nicht oder zu viel kaputt gegangen ist, dann darf man das auch „in die Tonne kloppen“.
Aus Selbstschutz.
Als sehr friedliebender Mensch kann ich viel vergeben – aber ein paar Tassen habe ich auch schon zur Tonne gebracht.
Lieber nachtragender Elefant als immer wieder verletzt werden.
Pass auf Dich auf!
Liebe Katja,
danke Dir sehr für Deinen wohlüberlegten Kommentar mit soviel klärender Symbolik.
Auch und gerade als friedlebender Mensch ist es wichtig, sich selbst zu schützen. Denn wenn es Deinen Frieden und oder den Frieden für Deine Liebsten kostet, ist es zu teuer. Das habe ich auf die harte Tour lernen müssen und davon weiche ich auch nicht mehr ab.
Pass auch Du immer gut auf Dich auf. Ich kann sagen, dass es viel zu viele Zeiten gegeben hat, in denen ich das nicht getan habe und ich vermute mal, das ist auch bei Dir nicht wesentlich anders.
Nun sind wir älter und klüger
Liebe Grüße
Britta
Liebe Britta, ich könnte jubeln, während ich deinen Text lese! Ich finde es teilweise sehr anmaßend, wenn jemand von mir verlangt, Dinge einfach zu vergeben. Wenn ich etwas nicht verzeihen kann, dann ist das einfach so, Punkt! Ich kann meinen Frieden mit etwas machen und trotzdem nachtragend sein. Heißt, ich nehme das für mich an und lasse mir weder von anderen noch von mir selbst einreden, dass ich etwas vergeben müsste. Damit kann ich wunderbar entspannt leben, weder frisst einen das auf, noch wälzt man sich schlaflos im Bett umher. Im Gegenteil, man bleibt sich selbst treu. Und überhaupt muss für Vergebung erst einmal Reue oder/und eine Entschuldigung her – so viel Respekt habe ich für mich selbst und fordere ich auch ein. Wer das nicht versteht, braucht gar nicht ankommen. Im Gegenzug verlange auch nicht, dass man mir alles verzeiht – ich war im Leben bestimmt auch nicht immer ein Engel. Aber halt ein Elefant mit einem enormen Archiv im Oberstübchen. Da kommt nichts weg 😉.
Liebe Grüße!
Ich danke Dir für Deine offenen, zustimmenden Worte. Du sagst es – man muss sich selbst treu bleiben. Und auch wenn wir nicht erwarten, dass uns alles verziehen wird, ist es aber – so denke ich – doch so, dass das Bewusstsein für unverzeihbare Dinge unseren Wertekompass so stellt, dass wir selbst auch danach leben. Natürlich tun wir alle Dinge, die uns von anderen nachgetragen werden. Aber auch da müssen wir abwägen. Manche Menschen nehmen auch Dinge übel, die ich ihnen zuliebe nicht ändern würde. Das ist alles ein schmaler Grat.
Ich glaube aber, dass es gut ist, darüber nachzudenken und eben auch sich auszutauschen. Das führt auf jeden Fall zu mehr Klarheit. Ich empfinde auch alle Kommentare hier zu diesem Beitrag als sehr wertvoll.
Elefantös liebe Grüße
Britta
Liebe Britta,
dein Text sagt schon so viel zum Thema.
Es gibt tatsächlich Dinge, die einfach zu „groß“ sind um Vergebung zu empfangen. Aber ich durfte bereits einigen Menschen vergeben, die mich verletzt haben. Wenn die Wunde noch frisch war geduldete ich mich und es kam die Zeit, in der ich vergeben konnte. Nicht immer habe ich es ausgesprochen, jedoch Frieden in mir selbst gespürt.
Liebe Grüße!
Liebe Jenny,
es ist gut, wenn man mit Dingen, die passiert sind, seinen Frieden machen kann. Nur immer geht das eben nicht durch vergeben.
Liebe Grüße
Britta
Liebe Britta, ein toller Artikel, sehr gut geschrieben und ich kann deine Worte zu 100 % unterschreiben. Mein Leben hat mich genau das gelehrt. Manche Dinge sind unverzeihlich und damit einhergehend ist das Loslassen dieser Person aus seinem Leben manchmal unerlässlich. Mir und meinen Geschwistern selbst passiert- leider war es die Mutter. Deswegen muss mir keiner was vom Leben erzählen- nein, so ein Gutmensch bin ich nicht- manches ist unverzeihlich.
Dir und deiner Familie ein schönes Osterfest, liebe Grüße, Diana
Liebe Diana,
danke, dass Du Deine Geschichte mit uns teilst. Ich kann es so gut nachempfinden. Es ist sehr sehr hart, wenn Menschen, die uns eigentlich lieben sollten, uns so unwiederbringlich verletzen. Ich glaube aber auch, dass wir durch unsere Entscheidung, nicht zu verzeihen, für uns selbst klarere Entscheidungen treffen konnten und unsererseits dieses Muster dadurch durchbrochen haben.
Ich wünsche Dir und Deinen Lieben auch ein wunderfeines Osterfest.
Alles Liebe
Britta
Liebe Britta,
danke für deinen großartigen und so ehrlichen Artikel!
Du fragst, wie ich das sehe?
Ganz genauso!
Ich vergebe, wenn ich der Meinung bin, die Tat, die Ursache ist vertretbar und verzeihlich.
Doch längst nicht immer!
Ich habe Grenzen – und die Menschen in meiner Umgebung, die ich mit Vertrauen und Verbindlichkeit beschenke, kennen diese.
Wer mich mutwillig und mit vollem Bewusstsein hintergeht, sei es durch Betrug oder eben absichtlicher Lüge, der hat mein Vertrauen verspielt und mehr noch: mein Mitgefühl, was ursächlich dafür ist, dass ich überhaupt vergeben möchte.
Warum ich das so genau weiß?
Gerade in der letzten Woche ist ein Mensch, der mir vor Jahren sehr nahe stand, verstorben. Doch ebenfalls vor Jahren habe ich den Kontakt abgebrochen, weil er mein Vertrauen nach einem ersten Mal (was ich ihm vergab!) ein zweites Mal missbrauchte.
Und Zack!, sich selbst durch dieses Verhalten als Persona non grata ins Abseits beförderte. Und dort verblieb.
Auch nach seinem Tod ist das sein Platz. Ein Mensch wird nicht besser, nur weil er gestorben ist. Meine Achtung vor ihm starb bereits vor Jahren.
Emotionslos hörte ich die Nachricht.
Emotionslos spürte ich nach – emotionslos blieb meine Reaktion.
Darum: Nein!
Weder ich noch jemand anderes muss vergeben, was keine Vergebung verdient.
Ruhe in der Erde, meinen Frieden habe ich damit.
Herzliche Grüße
heute sehr deutlich,
Gabi
Liebe Gabi,
ich danke Dir für Deine Offenheit. Du bestätigst mir das, was auch ich fühle. Wir haben das Recht, unversöhnlich zu sein, um uns nicht selbst zu schaden. Wer unser Vertrauen so mißbraucht, wird es nicht wieder in unser Herz schaffen. Wobei ich wiederum jetzt überlegen muss, wie das mit dem Mitgefühl so ist. Ohne Mitgefühl kann ich nicht vergeben, das geht auch mir so. Aber ich habe durchaus Mitgefühl oder eher Mitleid mit so manchen, denen ich dennoch nicht vergeben habe. Es tut mir leid für diejenigen, die sich ihr Leben selber dadurch so unschön machen. Aber es ist dann trotzdem einfach nicht mehr meine Sache, ihnen entgegen zu kommen . Das müssen sie alleine für sich selbst regeln. Auch wenn es mir leid tut.
Ich glaube, um an den Punkt zu kommen, an dem wir sind, bedarf es wirklich einiger Lebenserfahrung. Denn es sind ja letztendlich bittere Punkte, die man sich eingestehen muss, um danach mit seinem Leben gut weitermachen zu können.
Ich grüße Dich sehr herzlich und wünsche Dir, dass Du Deinen Frieden für Dich immer bewahren kannst.
Britta
Über dieses Thema haben wir ja schon öfter gesprochen, nämlich dass wir beide nachtragend sind (im Guten aber auch im Schlechten)! Ich kann vergeben aber es fällt mir schwer zu vergessen! Manchmal wünschte ich dass ich besser vergessen könnte denn auch wenn ich ehrlich vergeben habe dann muss ich zwischendurch immer mal wieder dran denken, ich kann das nicht ändern…!
Richtig üble Dinge verzeihe ich definitiv nicht und ich finde das auch richtig und wichtig (z.b in des Drachentöters Familie)! Was passiert wenn man auch richtig schlimme Dinge verzeiht? -Die Person wird nur lernen dass ihr immer alles verziehen wird, wird nichts draus lernen und mich deshalb wahrscheinlich eh wieder verletzen! Ne danke, kein Bedarf! Ich bin mittlerweile Meisterin im konsequenten Kontaktabbruch! „Vergeben und vergessen? -Ich bin nicht Jesus und hab auch kein Alzheimer“ (Autor mir unbekannt)!
Und zum Thema Streitkultur: Früher bin ich bei Ungerechtigkeiten ausgeflippt aber heute schaue ich auch bei wem sich der Streit überhaupt lohnt! Beispiel: Seit ein paar Jahren haben wir eine Kollegin die sich schon mit wirklich jedem gestritten hat (die ist einfach irre)! Letztens hat sie sich mit mir angelegt „Du hast Angst vor mir weil ich so viel weiß und du gar nichts weißt“ (natürlich schreiend vorgetragen)! Früher hätte ich die verbal auseindergenommen aber ich hab sie einfach nur ausgelacht (was sie noch wütender gemacht hat)! Mit solchen Leuten zu streiten ist einfach sinnlos und die Luft und Zeit nicht wert…!
Dinge, die ich vergeben habe, kann ich eigentlich ganz gut vergessen. Im Sinne von es spielt keine Rolle mehr in meinem Leben. Aber ich merke, dass ich die Dinge, die ich nicht verziehen habe, nicht vergessen kann. Da kommt manches immer wieder hoch und ich frage mich dann schon immer wieder, ob es besser werden würde, wenn ich es verzeihen könnte…. Aber verzeihen ist eben keine rationale Entscheidung.
Ich hab noch nie gestritten, wenn es mir das nicht wert erschien. Soviel Energie hatte ich nie. Ich kann das mit dem Ignorieren ganz gut.
Dein Punkt, dass auch die Person, der verziehen wird, daraus lernt, dass sie sich alles leisten kann, ist auch ein guter. Das ist vielleicht nicht immer so, aber bei den Dingen, die man nicht verzeihen kann, wahrscheinlich doch.
Nun – wir sind uns weitestgehend einig, das wussten wir ja auch schon voneinander. Wie in so vielen Dingen. Was mir auffällt, wir sind beides Menschen, die sich auch um andere kümmern und auch nachfragen. Das tun auch nicht alle und ich nehme das manchen auch übel, wenn sie sich nur um sich selbst drehen, ihren Kram bei mir abladen und dann weitermachen, ohne zu fragen, wie es bei uns so ist. Das tust Du nicht und ich nicht. Aber es ist so, dass es mir auffällt. Und wir sind eben wie gesagt, beide nachtragend. Das ist eigentlich auch mal ein interessanter Zusammenhang, den man mal genauer anschauen könnte.
Oh ja, auch schon oft erlebt (als seelischer Mülleimer missbraucht zu werden)! Gerade wieder aktuell: Ein sehr alter „Freund“ aus Schulzeiten heulte sich in den letzten Jahren immer wieder, ausführlich und über Wochen bei mir aus wenn seine Beziehungen in die Brüche gingen! Dann wünschte er mir frohe Weihnachten und ich erzähle ihm dass mein Vater Ende Oktober gestorben ist! Darauf kam keine Antwort mehr – Nix, null, nada! Gestern dann das erste Lebenszeichen in Form von einem Kommentar auf ein Foto in meinem WhatsApp Status…
Diese Situationen haben wir einfach immer und immer wieder. Wahrscheinlich, weil wir nicht gut reden, sondern auch gut zuhören können. Das haben ja heutzutage viele verlernt.
Ich bin bei solchen Dingen, wie Du berichtest, mittlerweile aber schnell komplett raus.
Liebe Britta, ich bin ziemlich genau so gestrickt wie du. Elefantengedächtnis in beide Richtungen mit entsprechenden Konsequenzen.
Dein heutiger Text hat mich sehr berührt, wahrscheinlich weil ich ähnliches erlebt habe, bleibt ja nicht aus im Laufe von 60 Jahren. Ich brauche noch nicht einmal ins Detail zu gehen (Umgang mit Corona*, Umgang mit nicht zu verzeihenden [Straf-]Taten, die einfach zu gar nichts gut sind, immer wieder das Hinterfragen, ob man selbst vielleicht falsch liegt, weil man halt so ist wie man ist und dann schlussendlich anzuerkennen, dass man sich öfter trauen kann als man meint…), aber ich kam aus dem Nicken einmal mehr nicht heraus.
Manchmal komme ich mir hier schon wie so ein Jubelfunktionär vor – sei‘s drum und allen Spekulierenden versichert: Nein, Frau L. bezahlt mich nicht für meine zustimmenden Texte!
However.
Ich wünsche dir schöne Ostertage und sende viele Grüße derzeit vonner Autobahn 😂
Marie
* geimpft, erkrankt, im Gesundheitswesen arbeitend, trotzdem, wie schreib ich das mal euphemistisch?, im Umgang mit dem großen C mehr als einmal entsetzt gewesen.
Liebe Marie,
Nein, das bestätige ich. Frau L. bezahlt nicht für Zustimmung. Frau L. freut sich aber natürlich sehr über Deine Zustimmung, die ja auch immer wohldurchdacht daher kommt. Aber Frau L. nimmt auch Kommentare, die genau entgegengesetzt sind, nur so der Vollständigkeit halber 😉
Ja, das Hinterfragen von sich selbst kenne ich. So nach dem Motto „Wenn man meint, dass alle anderen falsch liegen, liegt man doch vielleicht selber falsch“ – aber ich glaube, das liegt auch am Alter, dass man diese Überlegungen irgendwann einstellt. Ich merke jedenfalls für mich, je mehr ich meine Meinung und meine Haltung auf meine eigenen Lebenserfahrungen gründe, desto sicherer bin ich mir, dass ich das Recht habe, so zu handeln, wie es für mich besser ist. Solange ich keinem anderen aktiv damit schade, natürlich. Karma ist was anderes 😉
Und was Big C angeht – entsetzt ist schon fast eine Verharmlosung. Mich lässt auch heute noch etliches aus der Zeit fassungslos zurück. Und Gespräche mit anderen, die ebenfalls kritische Infrastruktur oder – noch krasser – so wie Du im Gesundheitswesen arbeiten – bestärken mich, dass diese Zeit sehr viel Schaden angerichtet hat. Das strahlt bis heute durch, aber ist der große Elefant im Raum. Das wird lieber nicht angetastet. Aber soviel Vertrauen, wie in der Zeit verloren gegangen ist.
Liebe Grüße
Britta
Oh – und was ich gerade vergessen habe: Gute Fahrt und ebenfalls sehr schöne Ostertage wünsche ich Dir !