Omma Trude ist angesickt. Der Grund? Ich. Sie fühlt sich vernachlässigt. Aber ich mache es wieder gut, indem ich ihr zu ganz neuen Erkenntnissen verhelfe. Unter anderem über das Alter, Sex und Essen. Ihr seid neugierig? Klar. Ich hab unser Gespräch noch im Gedächtnis:
Mich gibbet auch noch
„Sach ma! Gibbet Dich noch?“ tönt es einmal quer durch den Supermarkt „Man sieht und hört nix von Dir. Muss ich bis innen Pennich, datt ich Dich ma zu Gesicht krieg. Dachte schon, Ihr kommt gar nich mehr an Land“
Ja. Da muss ich wohl durch. Nix mit schnell eben ein paar Kleinigkeiten besorgen. Hat man davon, wenn man durch die Regalreihen hastet und nicht rechts oder links guckt. Omma Trude hat mich abgefangen. Und sie hat ja auch Recht. Sträflich vernachlässigt habe ich sie in den letzten Monaten.
„Ja, Tschulligung, Trude. Hast ja recht“
„Ja, datt will ich meinen, datt ich da Recht hab. Dä Carina hat datt auch schon bemängelt. Nie seid Ihr da, imma auf Eurem Kahn da“
„Wie geht’s Dir denn, Trude?“ frage ich begütigend. In der Hoffnung, sie von ihrer Tirade abzubringen. Denn das ist schließlich Trudes liebstes Thema: Sie selbst.
Schräger die Posaunen nie klingen
„Och ja, ne. Muss ja, ne. Watt soll ich sagen? Ich konnt schon bessa klagen. Aber will ma so sagen. Muss ja, ne. Dä Posaunenchor iss widda zusammen, kommta inne Messe annem heiligen Abend, wa? Da spiel’n wa widda. Nämlich“
Oh ja. Nichts lieber als das. Schräger die Posaunen nie klingen. Das kenn ich schon.
„Ja, und sonss. Sonss warte ich auf den Durchbruch. Du wolltest mich doch berühmt machen odda? Hahaha. War wohl Satz mit X, kenn wa schon. Abba ich war trödeln neulich. Hab ich so Dingens vorher genäht, Du weiss schon, diese Dingers da aus Eurem Internetz, diese Bäck da. Aber ich hab se Kramstasche genannt. 10 hab ich genäht. 12 hätte ich verkaufen können“
Na, das ist doch schon was „Super, Trude. Das freut mich. Dann näh ma weiter, vielleicht find ich ja wen, der Dir so’n Schopp im Internet einrichtet“
„och lass ma“ winkt Trude ab „ich geh weiter trödeln. Da lernt man auch mehr Leute kennen und ich kann mich auch ma unterhalten“ Immer noch eingeschnappt, unser Trude „Abba ich hab da letztens ma watt gelesen in Deinem Block da“ verkündet sie stolz.
„Ach echt“ ich bin angemessen beeindruckt „Wie denn datt? Ich denk, Du willss nich in sonne Kiste watt lesen“
„Nee, will ich auch eigentlich nich“ Trude wiegt bedauernd den Kopf hin und her „abba neulich war die Mika da“
„Wer ist Mika?“ unterbreche ich Trude. Ich weiß es wirklich nicht
„Ach, jetzt tu nich so doof. Meine Enkelin“
„Die heißt doch nicht Mika. Die heißt Meike, Trude. Das ist doch ein schöner Name und nicht schwer zu merken“
„Ach watt“ Trude winkt unwirsch ab „Der ganze neumodische Namenskram. Ich sach Mika, datt iss doch fast gleich. Also de Mika, die hat mir datt gezeigt an ihrem Telefon, da hab ich watt gelesen. Hasse schön gesacht, mit dem alt werden und entspannt dabei sein und so. Abba en bißken tuste Dir schon inne Tasche lügen, wa“
Wo wir gerade von Sex reden
„Wieso“ frage ich empört „Ich empfinde das so. Ich bin lange nicht mehr so gestresst wie früher. Das muss man doch mal sehen, dass wir jetzt endlich Zeit für uns selber haben“
„Ja“ sagt Trude „Aber – Du bist doch noch nich alt. Du übst datt doch nur. Komma in mein Alter, dann weisste erss, datt et mit dem alt werden nix für Feiglinge iss“
„Ach Trude“ ich weiß genau, jetzt ist ein Kompliment fällig. Dann ist auch vergeben und vergessen, dass ich Trude so sträflich vernachlässigt habe „Du biss doch kaum watt älter als wie ich. Zuminigens siehste nich so aus“
„Du alte Schmeichlerin“ grinst Trude, aber sie freut sich „Datt kommt, weil ich meine Falten so gut aufpolstern tu. Nich, watt Du denkss, ich polster die mit all datt leckere Essen auf. Ach ja, wo wir gerade bei datt Essen sind – Deinen Artikel über den Geschmackssinn da, den hab ich auch gelesen. Bei mir iss datt nich so. Mir schmeckt einfach alles. Datt iss ja datt Problem“
„ich finde, Du bist genau richtig, wie Du bist. Und außerdem: Essen ist der Sex des Alters oder“
„Also wirklich“ lacht Trude „Watt Du imma für Sprüche drauf hass. Aber wo wir gerade von Sex reden….“
Ich ahne Schlimmes. Zurecht. Es wird noch schlimmer.
Abteilung Tratsch und Klatsch.
„Haste schon gehört?“ nimmt Trude ihren Gedankensprung wieder auf „Der Alte vonne Inge iss abgehauen“ „Wie abgehauen?“ frage ich nach. Ich weiß gar nicht, wer Inge ist. Aber wenn ich das jetzt sage, sind wir bis zum Ladenschluss da.
„Ja. Abgehauen. Der hält sich getz für ’nen jungen Hengst“ Trude wiehert hörbar durch den „Pennich“ und lacht sich kaputt „Der hat beim Sennjoren Kaffee inne Gemeinde ne Jüngere kennengelernt. Die hat da geholfen. Kommt von Gott weiß wo daher und tut fromm. Dabei will die nur inne Gemeinde, um hier einen wie den Alten vonne Inge anne Angel zu kriegen. Der Karl vonne Inge, der war ja unter Tage, innem Berchwerk. Und damals ham die da alle noch doppelt Kohle abgegriffen, weiste ja“
Ja, weiß ich. Die haben nicht nur Kohle abgebaut, die haben auch ordentlich Kohle verdient. Das war schon einer der härtesten Job der Republik „Ja und datt zahlt sich ja bis inne Pensjon aus“ erklärt Trude „Alleine datt Kohle Deputat, watt die früher in ihre eigenen Kellerschächte gekippt haben, datt gibbet ja getz in Geld. Bar auffe Kralle. Datt iss viel. Davon iss der Karl vonne Inge getz mit seine neue Trulla auffe Kanarischen“
„Das tut mir leid für die Inge“ sage ich
„Och, muss et nich“ sagt Trude mitleidlos „Die hatte schon immer Haare auffe Zähne, die Inge. Leicht hat et der Karl mit der nicht gehabt. Da muss Dir eher die Trulla leid tun. Wenn et dicke kommt, hat die den Karl als Pflegefall anne Backe. Und datt allet für einmal Kanarische und retour. Am Ende lacht die Inge, sollsse ma sehen. Die will getz sogar eventuell mit innen Posaunenchor“
Essen ist der Sex des Alters
Noch mehr schräg tönende Engel. „Was macht denn Herbert“ frage ich „Och, dä Häärbärt – dem geht et prächtich. Ich tu dem gut sacht er. Ich geb mir getz aber auch widda mehr Mühe. Nich, datt mir der Kerl auch noch wech läuft. Abba dä Häärbärt sacht, so schäbich wär er nich. Abba weiß man ja nie. Deswegen muss ich jetzt auch. Watt Leckeret kochen für den Kerl. Weil Liebe geht ja durch den Magen. Oder wie Du et sachst: Essen ist der Sex des Alters“
Trude lacht. Der halbe Pennich guckt. Leise reden ist ihre Sache nicht „Wenn ich datt gleich dä Häärbärt sach, mit dem Sex des Alters“ Trude kriegt sich gar nicht mehr ein.
Liebe geht durch den Magen
„Datt muss ich auch die Inge erzählen mit dem Essen und dem Sex des Alters“ Trude hält sich dran „Odda nä. Bessa nich. Sonst macht die sich noch Hoffnungen, dastt der Karl widda kommt. Falls die neue Trulla nich kochen kann“
„Watt kochste denn Leckeres, Trude?“ versuche ich sie irgendwie abzulenken. Hätte ich das mit dem Sex und dem Alter bloß nicht gesagt.
„En lecker Topf buntes Fleisch. Gibbet ja sonss imma nur an Weihnachten, die Reste vonnem Fongdue. Sachta Häärbärt imma, datt wär leckerer als datt gebrutschel innem heißen Fett. Und so buntet Fleisch, datt dauert seine Zeit. Ja und deswegen muss ich jetzt auch ganz in echt. Außerdem muss ich datt ganze Adsventsgedüddel noch aussem Bunker holen, wird auch echt Zeit „
Oh, da hab ich ja Glück gehabt. Danke Karl, dass Du Trude motiviert hast. Buntes Fleisch ist übrigens Gulasch ( Anm. der Redaktion )
„Ja, Trude, denn ma frohes Kochen. Lecker so buntes Fleisch. Machen wir auch immer mit die Reste vonnem Fongdue“
„Yau, ich sach ma bis neulich. Wir sehen uns doch wohl noch vor Weihnachten odda?“ Trude droht mit dem Zeigefinger „Denk anne Messe mit de Posaunen und am Tach vorher iss datt Adventsfenster bei dä Pättrick, da gibbet nachet Programm lecker Bratwurst von Grill. Schon wieder Sex äh Essen“ Abermals wieherndes Gelächter.
Da hab ich der Trude echt einen Floh ins Ohr gesetzt. Patrick und Familie werden begeistert sein. Nicht. Kommt bestimmt gut, wenn die dran sind mit der wechselnden Adventsfenster-Gestaltung für die Gemeinde und die Omma erzählt einen von Bratwurst und Sex….
„So. Getz abba. Nix für ungut, wa. Sach ma Deine Leser da innem Block schon mal, datt ich en schicket Weihnachtsfest wünschen tu. Bis neulich, nä. Getz abba in echt“
„Tschüss, Trude. Ich richte es aus“
Was ich hiermit getan habe. Schöne Grüße von unser Omma Trude, sie wünscht Euch ein schönes Weihnachtsfest und falls Ihr es noch nicht wusstet: Essen ist der Sex des Alters. Wohl bekomm’s.
Hey,
ich musste sehr schmunzeln, danke dafür!
Liebe Grüße!
das freut mich, liebe Jenny. Brauchen wir ja alle ab und an.
So, so, du übst also nur 😄
Ich brauch zwar immer ewig, bis ich den Dialekt entschlüsselt habe aber das lohnt sich! Von Trude können wir alle noch was fürs Leben lernen. Vielleicht wäre ein gemeinsamer Kochkurs ein ganz nettes Weihnachtgeschenk für den/die Liebste/n 😉
Das mit dem Ruhrpott-Slang ist wie mit Holländisch: Wenn man es laut ausspricht, geht es eigentlich. Klappt übrigens manchmal sogar mit dänisch ganz gut !
Ein gemeinsamer Kochkurs ist keine schlechte Idee :)) könnte zum doppelten Genuss führen sozusagen 😉
Liebe Grüße
Britta
Na dann…
Essen ist genießen und liebe geht durch den Magen.
Anlässe haben wir ja genug dafür zu Weihnachten.
So ist das! Dann freuen wir uns alle mal auf ganz viel Liebe zu Weihnachten 🙂
Hab einen schönen Tag !
Liebe Britta,
danke für die doppelt und dreifache Schmunzeleinheit der neuen Kalauer vonne Trude – ähh, von dir 🙂
Mehr davon!
Guten Appetit, schöne Adventstage und wir lesen uns bestimmt vorher nochmal:-)
Gruß Gabi
Liebe Gabi,
ich freue mich, wenn ich Dich zum schmunzeln gebracht habe. Also, die Kalauer sind schon zum größten Teil nicht so ganz direkt von mir, sondern eher von mir als Chronistin gesammelt 😉
Ich wünsche Dir auch schöne Adventstage und ja – natürlich lesen wir uns vorher nochmal. Der 12te lauert ja schon um die Ecke.
Liebe Grüße
Britta
Ja denn mal ran an den Pott. Ich esse übrigens gerne Gulasch 🙂
Liebe Grüße
Sabine
Ich mag Gulasch auch sehr gerne. Wird direkt immer für mehrere Tage gekocht….. Schmeckt aufgewärmt ja am besten.
Liebe Grüße
Britta