Älter werden ist nicht immer lustig. Sind wir uns einig. Immerhin: Das älter werden liefert mir unzählige Themen für meinen Blog. Unser Omma würde sagen: „Siehste! Nix so schlecht, datt et nich irgendwo gut für iss“
Das war der absolute Lieblingsspruch meiner Omma. Ich gebe zu: Als ich jung war, hat mich dieser Spruch genervt. Seit ich älter werde, sehe ich auch die anderen Seiten dieses Spruchs. Hier kommen
12 Beispiele für „Nichts so schlecht, dass es nicht irgendwo gut für ist“
- Es regnet. Super. Müssen wir nicht gießen. Und nach dem Regen können wir noch ein Wettspiel veranstalten: Wer findet die meisten Schnecken?
- Im Leben einer jeden Frau kommt der Punkt, an dem sie sich entscheiden muss: Henne oder Kuh (auch so eine Weisheit von unser Omma) Ich hab mich einwandfrei für Kuh entschieden. Macht nichts, das polstert die Falten auf, andere bezahlen da viel Geld für.
- Mein zehnter Geburtstag war nicht so, wie ich mir das gewünscht habe. Aber ich habe eine gute Geschichte zu erzählen. Und – 50 Jahre später geben meine Männer alles für das genaue Gegenteil.
- Mein super gesundes kalorienarmes Quinoa-Gericht ist angebrannt. Dann halt doch Pommes Currywurst. Der gute Wille zählt auch.
- Ich bin langsamer geworden – aber so entgeht mir wenigstens nichts. Falls Ihr Euch schon mal gefragt habt, warum alte Leute immer alles sehen und wissen.
- Meine Gelenke knacken – einwandfrei: Sie brauchen Gelatine. Gummibärchen-Zeit.
- Unsere Bootssaison verlief deutlich anders als geplant. Wir konnten nur kurze Touren machen und mussten oft heim. Das Gute daran: verlernen wir wenigstens das an und ablegen in unserem engen Hafen nicht.
- Lebensmittel sind teuer geworden in Deutschland. Hat auch was Gutes. Die Preise in Dänemark oder den Niederlanden kommen einem gar nicht mehr so hoch vor.
- Der Betrieb meldet Insolvenz an – nicht schlimm, dann braucht er halt eine Pause. Er verkauft eben nur gerade nichts. Ok, der war gemein. Aber bitte – ist uns als wirtschaftspolitische Weisheit beigebracht worden.
- Autobahntoiletten sind mal wieder unbenutzbar. Eine gute Gelegenheit für Beckenboden-Gymnastik
- Deine Reichweite in social media ist eingebrochen. Auch nicht schlimm: Ist die Reichweite erstmal ruiniert, postet es sich ganz ungeniert.
- Im Pott haben wir nur Industriekultur-Denkmäler aka stillgelegte Zechen und keine protzigen Siegestore. Aber das Gute ist: da lässt sich keiner drauf projizieren.

Hat diese Binsenweisheit wirklich seine Berechtigung?
Ich denke öfter an Ommas Binsenweisheit und bin mir tatsächlich bis heute nicht sicher, ob der Spruch „Nichts so schlecht, dass es nicht für etwas gut ist“ wirklich seine Berechtigung hat. Mich hat dieser Spruch früher nicht nur genervt, ich fand ihn ab und an regelrecht kränkend. Ich fühlte mich nicht ernst genommen, ich fühlte mich relativiert.

Seit ich älter werde, sehe ich auch andere Seiten dieses Spruchs. Unser Omma hat ihn so oft gesagt, dass er mir einfach immer wieder in den Sinn kommt und ich gebe zu, ab und an ertappt man mich murmelnd: Nix so schlecht, datt et nich irgendwo gut für iss. Auch meinen Kindern bin ich damit schon so oft gekommen, dass sie mir den umgekehrt selbst schon serviert haben.
Die gute Seite an dummen Situationen sehen
Der Spruch hat mir so manch nervige Situation erleichtert. Tatsächlich habe ich erstaunlich oft eine gute Seite an dummen Situationen gefunden und mir so Nerven und Kraft gespart. Manche Dinge kann man nicht ändern, um sie auszuhalten, hilft ein anderer Blickwinkel. Und der Spruch hat mir geholfen, Mutausbrüche zu wagen. Wenn ich Zuspruch brauchte bei einem Wagnis, hab ich mich an den Spruch erinnert und gedacht – ja, ok. Ich mach das jetzt und wenn es nicht gut wird, dann habe ich wenigstens eine Erfahrung mehr. Das ist dann das Gute daran.
In unserer chronisch schwarzmalenden Welt wird vor diesem Spruch übrigens gewarnt. Das ist toxische Positivität. Was mich paradoxerweise fast zu Punkt 13 führen könnte: Wenn es den Spruch nicht gäbe, hätte nicht irgendein Tastatur-Samariter den Fachbegriff erfunden können.
Stattgegeben: Manchen Dingen kann man nichts Gutes abgewinnen
Aber ich gebe zu: Es gibt Dinge, denen kann man nichts, aber auch gar nichts Gutes abgewinnen. Nach wie vor finde ich, dass in dem Spruch die Gefahr lauert zu relativieren. Ich nehm mal unseren Flusenbären: Er ist ausgesetzt worden, er hat auch vorher schon Schlimmes erlebt. Jetzt ist er bei uns und es geht ihm großartig. Ich kann trotzdem nicht sagen: Dass er misshandelt wurde, ist schlimm. Aber das Gute ist, dass er deswegen bei uns ist. Das bringe ich nichts übers Herz. Mir wäre es lieber, er hätte auch vor uns schon ein gutes Leben gehabt und wäre aus anderen Gründen zu uns gekommen.
Also: ein klarer Fall von zwei Seelen in meiner Brust. Ja. Ich habe ein langes Essay darüber geschrieben, warum man nicht alles verzeihen muss. Auch in diesem Essay bin ich bereits auf den Spruch von nix so schlecht und so weiter eingegangen.
Um klar zu sein: Ich will nicht dazu ermutigen, alles zu relativieren. Denn das hieße auch, unverzeihliche Dinge zu verzeihen. Aber man kann es sich in nicht existenziellen, einfach nur nervigen Situationen damit leichter machen, wenn man das Gute an schlechten Situationen sucht. Und wenn es nur ist, dass man über seine eigenen abstrusen Gedankengänge lachen muss.
Da ich ja gerne Faustregeln erfinde, hier eine für „nichts so schlecht, dass es nicht für etwas gut ist:
Die Dinge, die unverzeihbar sind, sind Taten. Die Dinge, die nicht so schlecht sind, dass sie nirgendwo gut für sind, sind Situationen!
Ganz sicher auch: Dieser Spruch hilft, mit mehr Gelassenheit durch unsichere Situationen und Zeiten zu kommen.
Welche schlechten / nervigen Dinge fallen Euch ein, denen man immerhin noch was Gutes abgewinnen kann?
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Hallo Britta,
du hast sowas von recht!
Ich kann JEDER doofen Seite noch etwas Gutes abringen, wenn auch manchmal erst im Nachhinein.
Ich sage immer: In jeder Sch…. steckt was Gutes, und wenn es nur die Schmeißfliege ist, die dort ihr Essen generiert.
(Okay, der war jetzt vielleichte etwas unappetitlich, aber wahr ist das dennoch, oder?)
Und was soll ich sagen: Mit dieser Haltung finde ich mein Lächeln wieder, wenn mal etwas so richtig in die Grütze ging.
Liebe Grüße zu dir
Gabi
Den Spruch finde ich nicht passend. Ich finde, man sollte es von der (eigenen) Situation abhängig machen, es im Nachhinein zu sagen. Aber wirklich nur dann, wenn es passt.
Liebe Grüße
Sabine
Ich finde, der Spruch macht ambivalent. Ähnlich wie der Türspruch, die zugeht.
Unabhängig von Sprüchen, von denen ich viele mag, finde ich es wichtig, dass man auch das (kleine) Gute nie aus den Augen verliert. Und dann passt er wie in deinen Beispielen erwähnt, doch gut.
Das zeigst du uns in deinen Worten sehr schön. Und das zählt am Ende.
Liebe Grüße und einen schönen Sonntag,
Nicole
Es gibt sicher ganz viele Situationen, in denen der Spruch seine Daseinsberechtigung hat. Trotzdem würde ich ihn nie gegenüber anderen in den Mund nehmen – wie du sagst, fühlt er sich eben auch relativierend und herabsetzend an. Ich möchte mit meinem Schmerz und meinen Sorgen ebenso ernst genommen werden, wie ich andere ernst nehme. Wenn sich manches dann im Rückblick relativiert – fein. Zwischen Tierquälerei und einem kleinen Missgeschick liegt nun mal ein himmelweiter Unterschied und da erklärt sich von selbst, wann so ein Spruch angebracht ist und wann nicht.
Das mit der Henne und der Kuh habe ich tatsächlich noch nie gehört und es hat kurz gebraucht, bis der Groschen gefallen ist 😄. Ich bin noch unentschlossen aber wenn ich aussuchen darf, nehme ich die Kuh. Mit ein bisschen Futter auf den Rippen ist man einfach robuster. Ist sogar wissenschaftlich bestätigt.
Liebe Grüße!
Moin aus Bremen und „hm“.
Also. Nee.
Der Spruch ist nicht meiner, weil es Situationen im Leben gibt, die schlicht zu gar nichts gut sind. Eine davon hat mir just in dieser Nacht den Schlaf gestohlen. Jemand ist unheilbar erkrankt, wird in absehbarer Zeit nicht mehr unter den Lebenden sein und daran ist kein Fitzel Positives! (Alles gut mit mir und meiner Familie und Freunden – trotzdem nimmt es mich offenbar sehr mit.)
Mir fielen noch mehr Umstände ein, die zu gar nichts taugen, die obige ist exemplarisch und passender als ich es mir wünsche.
„Wer weiß, wozu es gut ist“ hingegen ist eins meiner geflügelten Worte. Wenn Pläne sich anders entwickeln, Menschen sich anders verhalten als erwartet, Dinge einfach anders laufen als erwartet, versuche ich, die Chance darin zu sehen. Auf fiese Schicksalsschläge angewandt taugt es genauso wenig wie der andere Spruch, aber in vielen anderen Situationen verhilft er mir zu innerlich schulterzuckender Neubewertung.
Mit leichten Augenringen grüßt vonner Weser
Marie
Früher habe ich nichts auf Sprüche gegeben. Heute schaut es schon ganz anders aus und ich bringe öfters einen.
Hat auch etwas mit dem reifer werden zu tun? Denke schon. 😉
Hey,
ich nenne das refraimen, was vielen nicht einfach fällt. Das Gute am Schlechten sehen ist tricky, aber wenn man es erst mal raus hat, geht man viel entspannter durchs Leben :). So wie du.
Liebe Grüße!
Liebe Britta,
ich finde den Spruch nicht so prickelnd, wenn ich an Krankheit und Leid generell denke, Du hast das ja am Beispiel von Dr. Fussel trefflich geschildert. Natürlich soll man positiv denken, aber das geht ja auch ohne das Phrasenschwein zu füttern. 😉
Mögen unsere Gläser deshalb immer mindestens halbvoll sein!
Liebe Grüße, Uli
Ich mag den Spruch nicht so gern! Wie du schon sagtest, hört sich das für mich nämlich auch zu sehr nach Relativierung von Scheiße an…! Ich sage ihn mir aber ab und zu trotzdem selbst um mich aufzubauen wenn was in die Hose gegangen ist oder ich enttäuscht bin/wurde…! Aber manchmal stimmt er ja tatsächlich auch! Z.B: Wäre der Tag im Urlaub nicht verregnet gewesen dann wäre ich noch immer nicht in Hameln gewesen und das war wirklich ein toller Tag…!
Ich werde definitiv Henne und das aus mehreren Gründen…! 😉 Aber ich glaube dass ich sogar Truthahn werde, ist bei sehr dünnen Frauen ja eigentlich immer so! Ich versuche da jetzt schon gegen anzucremen…! Ich werde die erste Frau mit Silikon im Hals…! 😉
Ich lese da jede Menge Galgen- und trockenen Humor, nicht nur zwischen den Zeilen.
Das „Mensch“denkmal ist mit Abstand eins der besten überhaupt ❤️.
Regen find ich fein. Da ist außer mir kaum einer im Feld unterwegs und der Garten schreit auch nicht ständig „Tu was!“ … ok, dafür schreit der Haushalt. #irgendwasistimmer
Die Pannen in unserem letzten Urlaub waren doof. Aber wir hatten dadurch auch viele wunderbare Momente und Begegnungen.
Meine Krankheit ist doof. Aber sie hat mich auch zu dem gemacht was ich heute bin, hat meinen Mann und mich noch mehr zusammengeschweißt.
Bei meiner Großmutter hieß es:
„Wer weiß wofür‘s gut ist!“
Aber manches ist einfach so übel, dass es für gar nix gut ist.
Nicht jetzt und auch nicht irgendwann im Nachhinein.
Da ist nix mehr mit relativieren, optimistisch sehen oder notfalls schönreden.
Das ist einfach nur (Wt)F!!? und sollte nicht sein.
Ich glaube, der Spruch von Omma funktioniert solange wir in einer Situation noch irgendetwas selbst in der Hand haben, etwas tun können.
Er passt, wenn wir vielleicht irgendwann später mit Abstand über die Situation lachen oder zumindest schmunzeln können.
*Was ist mit Deiner Reichweite? Hast Du Dich auch geweigert irgendwelche blauen Haken zu kaufen?
Knuddel den Flusenbär von mir. Es tut mir in der Seele weh, dass er nicht geliebt und gut behandelt wurde.
… und: Pass auf Dich auf!
Puh, ist auch nicht gerade mein Lieblingsspruch, wobei ich im Reframing gut bin.
Wir haben alle schon zu viele dieser Situationen erlebt.
Hab ein schönes Wochenende!